Lernen ist wie Atmen | Wer sind wir
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Redakteurinnen:

Gudrun Totschnig

Ich habe von meinen Kindern gelernt, meiner Begeisterung zu vertrauen und mich von ihr tragen zu lassen. Dadurch entdecke ich nach und nach, was (in) mir liegt, mir Freude bereitet, und leicht von der Hand geht. Wie dieses Buch herausgeben, oder in Projekten mitwirken, in den ich mich als Freilernerin erfahren kann:

www.wohnprojekt-hasendorf.at

http://www.tau-magazin.net

http://www.freilerner.at

Sigrid Haubenberger-Lamprecht

“Was brauche ich zum Glücklich-Sein?“ Durch meine beiden Söhne und meinen Mann habe ich gelernt, wie wichtig dafür eine entspannte und wertfreie Umgebung ist und versuche dies im Zusammenleben mit meiner Familie und darüber hinaus u.a. in meinem Malort zu leben.

www.malort-wien.at
www.freilerner.at

Alexandra Terzic-Auer

Meine vielen, vielen Interessen – Tiere, Pflanzen, Kinder, Literatur, Kunst, Philosophie, Sprache, Übersetzen, Advaita, Kinesiologie, systemische Aufstellungen, Handwerk und das alte Wissen indigener Kulturen – haben sich endlich zu einem gemeinsamen Strom vereinigt: Ich halte die Freilernerbewegung für den Beginn eines Bewusstseinswandels, den ich auch mit meinem Herzensprojekt Scholé – Muße für Herz und Geist mit größter Freude unterstütze, so gut ich kann.

http://www.schole.at

Autorinnen und Autoren:

An dieser Stelle nur namentlich erwähnt, mehr zu den Autorinnen und Autoren im Buch: Jan Engelberger, Daniela Fancoj, Nadja Hanetseder, Anna Harsch, Doris Haubenberger, Sigrid Haubenberger-Lamprecht, Melanie Hetterich, Claus Hollweck, Aki Karjalainen, Michael Karjalainen-Dräger, Heidrun Krisa, Ingeborg Krisa, Richard Lamprecht, Vanessa Langkamp, Joya Marschnig, Lisa Marschnig, Brigitte Moser, Hedwig Nechtelberger, Nora Ptacek, Daniel Schachl, Karin Siakkos,  Antonia Stängl, Alexandra Terzic-Auer, Gudrun Totschnig, David Weinfeld, Herta Völk.

Editorials

Gudrun Totschnig

Liebe Leserin, lieber Leser!

 

Ich lege hier mein 4. Kind in Deine Hände. Es ist seit ich Mutter bin in mir herangereift. Mit jeder neuen überraschenden Sichtweise auf unsere Eltern-Rolle ist es gewachsen. Mit jedem Moment des Staunens, wie leicht Lernen und Leben sein kann, hat es sich tiefer in mir eingenistet. Meine Sehnsucht, all diese für mich so grundlegend neuen Perspektiven zu teilen, war sein Mutterkuchen. Als unser bis dahin jüngstes Kind 2 Jahre alt wurde, gab es mir zu verstehen, es sei bereit in die Welt getragen zu werden.

 

Geburtsstunde war Anfang Jänner, bei uns zuhause, eine Hausgeburt sozusagen. Ich wusste, dieses 4. Kind würde ebenso wenig allein „meines“ sein wie die anderen drei. Ich wollte es von vielen Menschen mitgetragen wissen. So lud ich Freunde und Bekannte mit ähnlichen Lern- und Lebenserfahrungen zu einem Schreibworkshop ein. Ich war überwältigt, als alle Eingeladenen zusagten, ein Teil sogar aus der Steiermark und Oberösterreich anreisten. Dieses Buch wollte einfach geschrieben werden!

 

Ich hatte mir ein Konzept überlegt, inhaltliche Schwerpunkte festgesetzt. Aber wie ich es bei unseren Kindern schon gelernt hatte, bemerkte ich gleich in dieser Geburtsstunde, dass ich auch dieses Kind durch enge Vorgaben und eine vorgefasste Erwartungshaltung mehr einengen denn unterstützen würde.

Freiraum bieten, und gleichzeitig Struktur, das war auch hier gefragt. Offenheit für das Unvorhersehbare. Genau wie bei unseren Kindern. Und so war ich am Ende des Workshops überglücklich, weil eine Vielfalt an Rohtexten entstanden war. Nach diesem Tag des gemeinsamen Schreibens über unsere Lernerfahrungen war klar, dieses Buch würde viel umfassender sein als ich es je planen hätte können. Kein weiteres Bildungskonzept würde durch die Texte beleuchtet werden, sondern eine Lebenshaltung, die zutiefst menschliche Bedürfnisse und Sehnsüchte aufdeckt und befriedigt.

 

Nie hätte ich mir erwartet, dass ich auch über dieses 4 .Kind so staunen, so viel von ihm lernen würde. Die Texte haben mir unzählige neue Perspektiven aufs Lernen und Leben eröffnet, andere geschärft und bekräftigt, manche auch in Frage gestellt, und begleiten mich seitdem durch meinen Alltag. Ich wünsche mir sehr, dass es den LeserInnen ähnlich ergeht!

Alexandra Terzic-Auer

Ich freue mich, an diesem Buchprojekt teilnehmen zu dürfen, das weder wissenschaftliche noch literarische Ansprüche stellt, sondern sich nur ein Ziel gesetzt hat: den Menschen, die es lesen, Mut zu machen, sich selbst und ihren Kindern, und das heißt dem LEBEN zu vertrauen.

 

Wenn ich auf die 63 Jahre meines eigenen Lebens zurückschaue, fällt mir auf, dass mich immer nur positive Beispiele dazu inspiriert haben, vorgefasste Meinungen über Bord gehen zu lassen, Ängste zu überwinden und neue Wege zu suchen. Die vielen schlimmen Erfahrungen, die ich als Schülerin, als Mutter oder als Nachhilfelehrerin gesammelt habe, waren natürlich auch nicht umsonst: Wie schwere, aber heil überstandene Krankheiten haben sie meine Abwehrkräfte gestärkt und mich dazu angeregt, den Dingen auf den Grund zu gehen, statt mich mit Symptombekämpfung zu begnügen.

 

Von Jugend an haben große geistige Vorbilder wie Goethe, Georg Büchner, Christian Morgenstern, Ivan Illich, Rebecca Wild und unzählige andere mit ihrer Freiheitsliebe mein Herz berührt: Sie waren alle von der Überzeugung durchdrungen, dass die Natur sich nicht in Systeme pressen lässt: Jeder, der das versucht, zahlt einen hohen Preis dafür! Ich spürte deutlich, wie recht sie damit hatten, aber mein Denken war noch so sehr „verschult“, dass ich mir einfach nicht vorstellen konnte, wie ich für mich selbst und meine Kinder diese Erkenntnis ins Alltagsleben übersetzen sollte…

 

Den zündenden Funken lieferte mir André Stern mit seinem Buch „… und ich war nie in der Schule“. Einige Zeit später erlebte ich den damals Vierzigjährigen bei seinem ersten Vortrag in Wien und dachte tief betroffen: So also sieht ein Erwachsener aus, der immer tun durfte, was ihn interessierte: Aus seinen Augen lacht die Begeisterungsfähigkeit eines Vierjährigen! Vollkommen frei, klar, präzis und ohne Umschweife beantwortet er die Fragen aus dem Publikum. In einem Deutsch, dessen Eleganz und Leichtigkeit darauf schließen ließe, dass er mit dieser Sprache aufgewachsen ist – aber nein, er hat sie erst als Erwachsener gelernt! Allerdings genau zu dem für ihn passenden Zeitpunkt und mit 18-jähriger Übung im spielerischen Lernen ohne Lehrplan, ohne Lehrer, ohne Aufgaben und Prüfungen…

Welches Kind würde nicht so aufwachsen wollen? Jeden Tag Ferien in der liebevollen Begleitung von Eltern, die ihre vornehmste Aufgabe darin sehen, sämtliche angeborenen Anlagen ihres Kindes ungestört zur Blüte kommen zu lassen und sich mit ihm daran zu freuen! In den Büchern seines Vaters, des Malort-Begründers Arno Stern, habe ich dann viel gelernt über die Grundhaltung, die es braucht, um vollkommen friedfertig und in unerschütterlichem Vertrauen auf die Dynamik der natürlichen Entfaltung gegen den Strom zu schwimmen.

 

Dass die natürliche Entfaltung der tiefste Wunsch jedes Menschen ist, wusste ich ja schon aus meiner Arbeit mit Kinesiologie und systemischen Aufstellungen, die Menschen ihr großteils unbewusstes inneres Wissen zugänglich machen kann. Damals kannte ich allerdings nur eine Person, der ich das auch praktisch zutraute, meine Freundin Brigitte Kraft. Ihre besonderen Fähigkeiten im Umgang mit schwierigen, intellektuell hoch begabten Kindern waren die Inspiration für unser erstes Projekt MEHRSTERN: Dank einem privaten Sponsor genießt eine kleine Schar von Kindern, denen die Schule nicht gerecht werden kann, in ihrer kundigen und liebevollen Begleitung wenigstens einmal pro Woche die Freuden des Freilernens.

 

Und dann lernte ich auf einmal immer mehr Menschen kennen, die entschlossen waren, sich auf das Abenteuer des Lebens und Lernens ganz ohne einschränkende / schützende Schulmauern einzulassen. Um sie zu bestärken, miteinander zu vernetzen und ihre Pionierarbeit auf jede nur mögliche Weise zu unterstützen, entstand im Januar 2013 unser nächstes Projekt SCHOLÉ – Muße für Herz und Geist. 2014 erlebte ich den Aufschwung der LAIS-Bewegung mit, und im Herbst 2015 war ich bei der Gründung des Colearning Space Wien dabei… Die Zukunft hat schon begonnen!

Sigrid Haubenberger-Lamprecht

Im Alter von 16 Jahren hörte ich zum ersten Mal von Maria Montessori. Dass Kinder aus eigenem Antrieb und gern lernen, war für mich neu und unvorstellbar. Selbst noch im Schulsystem verankert, wußte ich aus eigener Erfahrung: Nur wenn mir jemand sagt, was ich zu lernen habe, tue ich es auch.

 

Während meines Studiums konnte ich jedoch schon am eigenen Leib spüren, was es bedeutet, ausschließlich Dinge zu lernen, die mich interessieren. Eine ganz andere Ausgangsposition! Auch hier gab es genügend Hindernisse zu überwinden, aber der zugrundeliegende eigene Impuls, mich genau mit diesen Themen auseinandersetzen zu wollen war Triebfeder trotzdem weiterzumachen.

 

Im Rahmen einer Entwurfsarbeit drückte mir eine Freundin Rebeca Wilds Buch „Erziehung zum Sein“ in die Hand und erneut wurde mir ein weiterer Blick auf das Lernen eröffnet.

 

Aber erst durch unsere Söhne durften mein Mann und ich hautnah erfahren, wie tief verwurzelt das Bedürfnis in uns Menschen ist, sich mit allen Sinnen ein Bild von dieser Welt zu machen, mit seinem Handeln ein Teil von ihr zu sein: Zum Beispiel den Ball die Böschung hinunter rollen lassen und warten, bis der große Bruder ihn wieder hinaufwirft. Voller Freude wird dieser Vorgang unzählige Male wiederholt und erst nachdem es sich „gut“ anfühlt, man also gesättigt ist, erfolgt die Hinwendung zu neuen Entdeckungen. Dank solcher Beobachtungen wurde uns bewußt: Lernen und Spielen sind untrennbar miteinander verbunden.

Auch Fragen tauchten auf: „Was braucht es von Seiten der Erwachsenen, damit diese Art der Entfaltung gelingen kann? Welche Haltung nehme ich dem jungen Menschen gegenüber ein? Erkenne ich ihre Bedürfnisse als gleichwertig mit meinen? Und: Was brauchen wir Großen, damit der Rahmen für dieses Zusammensein gut gehalten werden kann? Welche Talente von mir wollen noch ans Licht kommen und gelebt werden?

 

Dass hierzu einmal die redaktionelle Begleitung eines Buches gehört, hätte ich mir nie träumen lassen! Ich danke Gudrun Totschnig, die mich dazu eingeladen hat und allen anderen Mitwirkenden, die durch ihren Einsatz und ihre Offenheit zeigen, dass der Begriff „Lernen“ sehr viel mehr beinhaltet als „sich Wissen aneignen“.

 

Lernend und spielend erfassen wir die ganze Welt, unser gesamtes Sein.

 

Möge dieses Buch dazu beitragen, dass wir uns unserer Einzigartigkeit wieder bewusst werden, die nur in Verbundenheit gelebt werden kann!